Du brauchst Stress, um Gelassenheit zu trainieren.

Christian Bremer

Selbstbewusste Gelassenheit

Christian Bremer
Christian Bremer
Redner, Autor und Seminarveranstalter. Laut SAT 1 „Deutschlands Stressexperte Nr. 1“.
17. November 2016

Interview mit Bettina Stackelberg, Expertin für Selbstbewusstsein

Frau Stackelberg, glauben Sie, dass es selbstbewusste Menschen leichter haben, gelassen zu sein?

Ich glaube das nicht nur, ich bin fest davon überzeugt. Daher möchte ich Ihnen heute einige Tipps von meiner wunderbaren Kollegin Bettina Stackelberg vorstellen, die bekannte Expertin für gesundes Selbstbewusstsein. Wir haben beide im gleichen Verlag einige Bücher veröffentlicht und beim Kennenlernen kamen wir schnell auf den Zusammenhang von Gelassenheit und Selbstbewusstsein. Den Dialog fanden wir so wertvoll, dass wir ihn in Teilen verschriftlicht haben. Lesen können Sie ihn hier, probieren Sie vor allem die Tipps aus.

Sie gelten vielen als Expertin für das Thema Selbstbewusstsein. Was verstehen Sie persönlich unter Selbstbewusstsein?

 Selbstbewusstsein wird mir im allgemeinen Sprachgebrauch viel zu sehr gleichgesetzt mit dem Allheilmittel schlechthin: Wenn Du nur selbstbewusst genug bist, gelingt Dir alles, bist Du erfolgreich, toll, unschlagbar, unverwundbar und überhaupt total großartig!

Das ist meinem Empfinden nach sehr oberflächlich – meine Definition von Selbstbewusstsein geht tiefer und ist leiser. 

Mir als sprachverliebter Germanistin ist die eigentliche Bedeutung des Wortes wichtig: Sich seiner selbst bewusst sein. Ich kenne mich also aus mit mir, kenne meine Stärken, meine Schwächen und bin damit im Großen und Ganzen versöhnt und im Reinen. 

Und was verstehen Sie unter Gelassenheit?

Gelassenheit ist für mich mit Abstand der größte Vorteil des Älterwerdens!

Sicher, mit 20 war ich hübscher, knackiger und blonder als heute. Heute, mit knapp 52, bin ich schöner, weiblicher und silbrig – und vor allem viel gelassener und das ist großartig. Gelassenheit ist ausatmen, Gelassenheit bedeutet, mich lächelnd und entspannt zurück zu lehnen und mir und der Welt nicht mehr gar so viel beweisen zu müssen. Gelassenheit ist los-lassen können statt krampfhaft festzuhalten. Gelassenheit ist, es sein lassen zu können im doppelten Sinne. Gelassenheit ist ruhig, spielerisch, weich und beweglich. Ich sag ja: Gelassenheit ist großartig!  

Wo sehen Sie den Zusammenhang zwischen Gelassenheit und Selbstbewusstsein?

Gelassenheit und Selbstbewusstsein bedingen sich gegenseitig! Wenn ich mir meiner selbst bewusst bin, kann ich gelassener sein – ich muss nicht jeder Mode hinterher rennen, muss nicht mehr auf Teufel komm raus um Zustimmung und Anerkennung buhlen – ich weiß nämlich selbst gut genug, was ich kann und will. Wenn mich also so mancher doof findet, so ist das allenfalls schade, betrübt mich aber nicht wirklich. Ich bin also selbstbewusst genug, um gelassen mit Neidern, Miesepetern und anderen unangenehmen Zeitgenossen umgehen zu können.

Was haben Menschen  davon, selbstbewusster zu sein?

Wenn ich selbstbewusst bin, bin ich freier und unabhängiger vom Urteil anderer. Wenn ich selbstbewusst bin und um meine Stärken weiß, kann ich diese Stärken gezielt einsetzen und damit auf mich aufmerksam machen – so werde ich erfolgreicher und zufriedener.

Wenn Mitarbeiter in Unternehmen selbstbewusst sind, agieren sie eigenverantwortlich und unternehmerisch, sie denken mit und sind kreativ. Und sie zeigen ihre Stärken und reden darüber – so weiß das Unternehmen, welches Potential und Wissen es hat.

Selbstbewusste Führungskräfte sind gute Führungskräfte. Sie missbrauchen ihre Macht nicht, fördern ihre Mitarbeiter, weil sie durchaus auf Augenhöhe andere Fachleute neben sich ertragen können – und delegieren Dinge, die andere besser können oder um die sie sich nicht zwingend selbst kümmern müssen. Selbstbewusste Chefs können also loslassen, sind selbst-reflektiert und lernen gerne stets dazu. 

Und selbstbewusste Unternehmen müssen nicht mehr jeden brutalen Wettbewerb mitmachen, müssen nicht um jeden Preis gewinnen und ständig weiter wachsen. Selbstbewusste Unternehmen wissen um ihre Stärke, betreiben keine Nabelschau und können sich somit voll und ganz auf den Kunden konzentrieren. 

Welche drei konkreten Möglichkeiten gibt es, um noch selbstbewusster zu werden? / Was können Menschen auf einer täglichen Ebene tun, um noch selbstbewusster zu werden?

Erster Tipp:  Setzen Sie sich mal in Ruhe hin und schreiben 20 Ihrer Stärken auf. 20! Nicht drei, nicht 10 – nein, 20! Bei den ersten fällt es uns noch leicht, weil wir da meistens allgemeine Blabla-Stärken aufzählen wie „Ich bin offen, kann gut zuhören, bin herzlich…“. Bei 20 müssen wir schon ein wenig tiefer forschen. Ein Geschäftsführer kam letztens im Coaching recht schnell auf 11 – und dann brauchte er noch 2 Tassen Kaffee von mir, um die restlichen 9 zu finden. Und dann war er ziemlich überrascht und strahlte. 

Zweiter Tipp: Sagen Sie viel häufiger und vehementer „Nein!“.

Mal ehrlich: Wie oft sagen wir spontan „Ja, klar, kein Problem!“, wenn wir eigentlich „Nein. Nein und nochmals Nein!“ denken und sagen wollen? Selbstbewusstsein bedeutet auch, für seine Bedürfnisse einzustehen. Und wenn ich grad selbst den Schreibtisch voll hab mit Arbeit, kann ich eben nicht auch noch die Arbeit des Kollegen übernehmen. Punkt. Oder wenn ich seit Wochen mich auf dieses Wochenende freue, wo ich endlich mal wieder in die Berge möchte – dann kann ich eben nicht beim Umzug der Schwester helfen. Punkt. Auch wenn ich normalerweise gerne helfe und oft „Ja!“ sage. 

Wenn Ihnen das Nein-Sagen schwer fällt – fangen Sie in Bereichen zum Üben an, wo noch nicht so schrecklich viel schief gehen kann, z.B. bei Ihrer Wurst Verkäuferin. Ja, ganz richtig gelesen – beim nächsten Einkauf, wenn die Verkäuferin wie fast immer beim Schinken ein fröhliches „Darfs ein bisschen mehr sein?“ flötet: Lächeln Sie sie genauso fröhlich an und sagen selbstbewusst „Nein, danke – ich hätte gerne 100 Gramm Parmaschinken.“

Dritter Tipp: Beherzigen Sie immer öfter ein entschiedenes „Gut reicht völlig!“ und verabschieden Sie sich von zu großem Perfektionismus. Weil nämlich Perfektionismus sehr anstrengend ist und zudem langsam und unkreativ macht! Selbstbewusste Menschen wissen um ihre Leistung und können gelassen (!!) die Arbeit präsentieren, wenn sie gut ist – sie muss nicht perfekt sein. 

Entscheiden Sie schneller als bisher, wann es gut ist. Entscheiden Sie sich! Das ist der Schlüssel. 

Und das können Sie üben, jeden Tag: Überlegen Sie nicht mehr 40, sondern nur noch 5 Minuten morgens vor dem Kleiderschrank, was Sie anziehen wollen. Setzen Sie sich eine Nachdenk-Frist von 2 Tagen bei der Entscheidung für den nächsten Sommerurlaub. Oder: Laden Sie Ihre Freunde mal nicht, wie üblich, zum erlesenen 5-Gänge-Dinner ein, sondern zu einem großen Topf Spaghetti mit Tomatensauce – Sie werden sehen: Es wird ein genauso fröhlicher Abend und Sie haben deutlich weniger Stress im Vorfeld

Abschließend: welchen Appell wollen Sie meinen Leser/innen noch mit auf den weiteren Lebensweg geben?

Das ist eine schöne Frage! 

Seien Sie selbstbewusst, hören Sie weniger auf Appelle. 

Tja, das sagt nun die Frau, die 5 Ratgeber geschrieben hat! Die finde ich natürlich immer noch großartig  – aber es sind keine Rezeptbücher, sondern eher
zum-in-sich-hineinhören-Anreger, Impulse zum Nachdenken und Handeln. 

 Appelle haben für mich häufig den Beigeschmack von „10 goldene Regeln – so musst Du es machen und dann bist Du selbstbewusst/erfolgreich/glücklich.“ Das Leben funktioniert aber nicht nach Rezept! Außerdem gebe ich bei Rezepten meine Eigenverantwortung ab: „Blödes Rezept, habs befolgt und ich bin immer noch nicht erfolgreich/selbstbewusst/glücklich.“ Ist dann der Rezept-Schreiberling schuld, oder hab ich dann einfach noch nicht genug Rezeptbücher gelesen?

Nein! Hören Sie weniger auf Appelle und Ratschläge, vertrauen Sie viel mehr Ihrer inneren Stimme (Intuition, Bauchgefühl, Klugheit – setzen Sie den Begriff ein, der für Sie passt!). Sie wissen am allerbesten, was gut für Sie ist, zu was Sie imstande sind, was Sie können! Ich als Coach und Trainerin gehe immer grundsätzlich davon aus – mein Job besteht lediglich darin, Ihnen das (wieder) klar zu machen und Sie dabei zu unterstützen, das auszubuddeln.

Und nun heißt es ausprobieren, Ihr und Euer 

Christian Bremer

PS: Sie mögen Facebook? Katzenvideos bringen wir nicht, wohl aber viele gute Ideen rund um Gelassenheit…

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