Es gibt keinen einfachen Weg zu Gelassenheit.

Christian Bremer

Robert Thurman und Buddhismus: Die Wissenschaft des Geistes

Christian Bremer
Christian Bremer
Redner, Autor und Seminarveranstalter. Laut SAT 1 „Deutschlands Stressexperte Nr. 1“.
3. Februar 2025

Robert Thurman ist einer der bekanntesten westlichen Gelehrten des Buddhismus. In seinen Schriften und Vorträgen beschreibt er den Buddhismus nicht nur als Religion, sondern als eine tiefgehende Wissenschaft des Geistes. Er betont, dass der Buddhismus auf kritischer Analyse und direkter Erfahrung basiert, anstatt auf blinden Glauben. Bildung, Ethik und Bewusstseinstraining stehen für ihn im Mittelpunkt buddhistischer Praxis.

Robert Thurman über Bildung und Buddhismus

Bildung spielt eine zentrale Rolle im Buddhismus. Thurman verweist auf den Achtfachen Pfad, der sich in drei Hauptbereiche gliedert: Ethik, Geisteskontrolle und Weisheit. Während Ethik den Umgang mit anderen betrifft, hilft Geisteskontrolle dabei, das Bewusstsein zu schulen. Die höchste Form der Bildung ist jedoch Weisheit – die Erforschung der Realität, um Leid zu überwinden.

Laut Robert Thurman ist der Buddhismus eine rationale Methode zur Erforschung der Wirklichkeit. Er hebt hervor, dass es nicht um dogmatische Theorien geht, sondern um eine erfahrungsbasierte Untersuchung der Realität. Diese Sichtweise macht den Buddhismus für viele Menschen im Westen attraktiv, da er Spiritualität und Wissenschaft vereint.

Ist Buddhismus eine Religion oder eine Wissenschaft?

Buddhismus wird oft als Religion wahrgenommen, doch Robert Thurman argumentiert, dass dies nur für jene zutrifft, die sich nicht intensiv mit der buddhistischen Lehre befassen. Für viele Menschen mag Buddhismus eine Religion sein, aber Buddha selbst wollte kein religiöses Dogma schaffen. Vielmehr entwickelte er eine Methode, mit der Menschen ihre eigene Realität besser verstehen können.

Thurman betrachtet den Buddhismus als eine Wissenschaft des Geistes. Er vergleicht ihn mit einer systematischen Forschung, bei der das Bewusstsein das wichtigste Untersuchungsinstrument ist. Die Erkenntnisse des Buddhismus sind nicht statisch oder endgültig, sondern helfen dabei, Wahrnehmungen besser zu verstehen und Missverständnisse über die Realität zu korrigieren.

Der Mittlere Weg nach Robert Thurman

Ein zentrales Konzept im Buddhismus ist der Mittlere Weg, den Buddha nach seinen extremen Erfahrungen als verwöhnter Prinz und als asketischer Mönch formulierte. Der Mittlere Weg bedeutet, weder in Exzessen noch in übertriebener Selbstkasteiung zu leben.

Laut Robert Thurman beschreibt der Mittlere Weg auch eine Balance zwischen Absolutismus und Nihilismus. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass Dinge absolut existieren oder dass nichts existiert. Vielmehr ist alles in Beziehungen eingebettet. Es gibt keine absolute Realität, aber auch keine vollständige Leere – nur ein Geflecht aus Relationen. Diese Erkenntnis hilft, dogmatisches Denken zu vermeiden und mit mehr Weisheit und Mitgefühl zu handeln.

Der Umgang mit Wut im Buddhismus

Ein besonders aktuelles Thema ist der Umgang mit Wut. Robert Thurman warnt davor, dass Wut die Selbstkontrolle zerstört und zu unüberlegten Handlungen führt. Studien zeigen, dass Menschen unter Wut bis zu 85 % ihrer Urteilsfähigkeit verlieren. Daher sei Wut fast immer destruktiv.

Doch es gibt eine Ausnahme: Wenn Wut als entschlossene Energie genutzt wird, um Ungerechtigkeit zu bekämpfen, kann sie positiv sein. Entscheidend ist, nicht in destruktive Wut zu verfallen, sondern mit klarem Geist und Entschlossenheit zu handeln. In diesem Sinne ist Wut nicht an sich schlecht – es kommt darauf an, wie wir mit ihr umgehen.

Buddhismus im modernen Leben

Robert Thurman war der erste westliche tibetisch-buddhistische Mönch, bevor er sich entschied, das Klosterleben zu verlassen. Er sieht die Bedeutung des Mönchtums darin, das eigene Leben der inneren Entwicklung zu widmen. Doch in der modernen Gesellschaft, in der materieller Besitz oft an erster Stelle steht, ist das Mönchstum schwer zu verwirklichen.

Dennoch betont Robert Thurman, dass auch Menschen in normalen Berufen buddhistische Prinzipien praktizieren können. Meditation, ethisches Verhalten und das Streben nach Weisheit sind nicht auf das Kloster beschränkt. Wichtig sei, dass der Westen den Wert des monastischen Lebens wieder erkennt und spirituelle Praktiken stärker unterstützt.

Robert Thurman über Buddhismus als Weg der Weisheit

Robert Thurman stellt den Buddhismus als eine lebensnahe, rationale und erfahrungsbasierte Praxis dar. Er sieht ihn nicht als blinden Glauben, sondern als eine Wissenschaft des Geistes, die jedem helfen kann, ein tieferes Verständnis von sich selbst und der Welt zu erlangen. Bildung, ethisches Verhalten und ein klares Bewusstsein sind dabei die Schlüssel zu einem erfüllten Leben. In einer zunehmend polarisierten Welt kann der Buddhismus durch seine Lehre vom Mittleren Weg und den klugen Umgang mit Emotionen ein wertvolles Werkzeug für mehr Harmonie und Einsicht sein.

Bildquelle: Von Flickr user Tenzin Nyima – edited version of Image:Robert Thurman 14 Jan 2006.jpg here on commons, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5148234

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