13. März 2025
Wir alle kennen das: Da ist der Kollege, der immer alles bis ins letzte Detail plant und nie spontan ist. Oder die Freundin, die ständig neue Ideen hat, aber nie bei der Sache bleibt. Und dann gibt es noch den Partner, der immer harmoniebedürftig ist und Konflikte meidet wie der Teufel das Weihwasser. Manchmal können uns diese Eigenarten anderer Menschen schier zur Weißglut treiben.
Doch was, wenn ich dir sage, dass es nicht die anderen sind, die uns nerven – sondern unsere eigene Perspektive? Dass wir uns weniger ärgern könnten, wenn wir verstehen, warum Menschen so ticken, wie sie ticken?
Hier kommt das Riemann-Thomann-Modell ins Spiel. Dieses Modell der Persönlichkeitstypen hilft uns, menschliche Verhaltensweisen besser zu verstehen – und dadurch gelassener mit ihnen umzugehen.
Was ist das Riemann-Thomann-Modell?
Das Riemann-Thomann-Modell basiert auf den Arbeiten des Psychologen Fritz Riemann und wurde später von Christoph Thomann weiterentwickelt. Es beschreibt vier grundlegende Persönlichkeitstypen, die sich entlang zweier Achsen bewegen:
- Nähe vs. Distanz: Wie sehr sucht oder meidet ein Mensch Nähe zu anderen?
- Dauer vs. Wechsel: Wie sehr strebt ein Mensch nach Stabilität oder nach Veränderung?
Diese Achsen ergeben vier Pole, die vier grundlegende Persönlichkeitstypen beschreiben:
- Der Nähe-Typ
- Stärken: Harmoniebedürftig, einfühlsam, beziehungsorientiert.
- Schwächen: Konfliktscheu, kann schwer Nein sagen, neigt zur Anpassung.
- Was ihn antreibt: Verbundenheit, Sicherheit in Beziehungen.
- Der Distanz-Typ
- Stärken: Unabhängig, rational, eigenständig.
- Schwächen: Kann distanziert wirken, emotional zurückhaltend, Einzelgänger-Tendenzen.
- Was ihn antreibt: Freiheit, Autonomie, klare Grenzen.
- Der Dauer-Typ
- Stärken: Verlässlich, strukturiert, detailorientiert.
- Schwächen: Kann starr wirken, hat Schwierigkeiten mit Spontanität, neigt zum Perfektionismus.
- Was ihn antreibt: Sicherheit, Planung, Kontrolle.
- Der Wechsel-Typ
- Stärken: Kreativ, spontan, flexibel.
- Schwächen: Unberechenbar, ungeduldig, neigt zur Unordnung.
- Was ihn antreibt: Abwechslung, Neugier, Freiheit.
Warum wir uns über andere ärgern
Unser Ärger über andere entsteht oft aus einem einfachen Grund: Wir erwarten, dass andere so sind wie wir. Wenn wir selbst ein Nähe-Typ sind, verstehen wir nicht, warum der Distanz-Typ so kühl und distanziert wirkt. Wenn wir ein Dauer-Typ sind, treibt uns der Wechsel-Typ mit seiner Spontanität in den Wahnsinn.
Doch hier liegt der Schlüssel: Jeder Mensch hat ein anderes Bedürfnis, eine andere Art, die Welt zu sehen und zu gestalten. Und das ist okay.
Wie das Riemann-Thomann-Modell uns hilft, gelassener zu werden
- Verständnis entwickeln
- Wenn wir verstehen, dass der Kollege, der immer alles plant, ein Dauer-Typ ist, können wir seine Liebe zur Struktur anerkennen – statt uns über seine Starrheit zu ärgern.
- Wenn wir erkennen, dass die Freundin, die ständig neue Ideen hat, ein Wechsel-Typ ist, können wir ihre Kreativität schätzen – statt uns über ihre Sprunghaftigkeit aufzuregen.
- Eigene Bedürfnisse reflektieren
- Oft ärgern wir uns über andere, weil sie unsere eigenen Bedürfnisse nicht erfüllen. Ein Nähe-Typ ärgert sich über den Distanz-Typ, weil er sich mehr Verbundenheit wünscht. Ein Dauer-Typ ärgert sich über den Wechsel-Typ, weil er mehr Planungssicherheit braucht.
- Frage dich: Was brauche ich wirklich – und wie kann ich das kommunizieren, ohne den anderen zu verurteilen?
- Komplementarität schätzen
- Jeder Persönlichkeitstyp hat Stärken, die uns selbst fehlen. Der Dauer-Typ bringt Struktur in unser Chaos, der Wechsel-Typ sorgt für Abwechslung in unserem Alltag.
- Statt uns zu ärgern, können wir lernen, diese Unterschiede zu schätzen – denn sie machen das Leben reicher.
- Gelassenheit üben
- Wenn wir akzeptieren, dass Menschen unterschiedlich sind, können wir gelassener mit ihren Eigenarten umgehen. Wir müssen sie nicht ändern – wir können einfach lernen, sie zu verstehen.
Ein praktisches Beispiel
Stell dir vor, du bist ein Dauer-Typ und arbeitest mit einem Wechsel-Typ zusammen. Du planst alles bis ins Detail, während dein Kollege ständig neue Ideen einbringt und den Plan umwirft. Anstatt dich zu ärgern, könntest du:
- Verstehen: Er ist kein Chaot – er ist einfach neugierig und kreativ.
- Kommunizieren: Sage klar, was du brauchst (z. B. mehr Planungssicherheit).
- Schätzen: Erkenne an, dass seine Ideen das Projekt bereichern können.
Also: Gelassenheit durch Verständnis
Das Riemann-Thomann-Modell zeigt uns, dass es keine „richtige“ oder „falsche“ Art gibt, die Welt zu sehen. Jeder Persönlichkeitstyp hat seine Stärken und Schwächen – und das gilt auch für uns selbst.
Wenn wir lernen, die Bedürfnisse und Verhaltensweisen anderer zu verstehen, können wir uns weniger über sie ärgern – und stattdessen gelassener und empathischer mit ihnen umgehen.
Also, das nächste Mal, wenn dich jemand nervt, frag dich:
Welcher Persönlichkeitstyp steckt dahinter – und was kann ich von ihm lernen?
Viele Grüße, Christian