Das Leben ist zu kurz, um lange gestresst zu bleiben.

Christian Bremer

Das Gehirn arbeitet nicht objektiv: Wahrnehmungsverzerrungen im Arbeitsumfeld verstehen und bewältigen

Christian Bremer
Christian Bremer
Redner, Autor und Seminarveranstalter. Laut SAT 1 „Deutschlands Stressexperte Nr. 1“.
1. Juli 2024

Dein Gehirn ist ein faszinierendes Organ, das täglich Millionen von Informationen verarbeitet. Dabei verlässt es sich jedoch nicht immer auf objektive Fakten. Stattdessen wird deine Wahrnehmung von verschiedenen Verzerrungen beeinflusst, die deine Urteile und Entscheidungen prägen. Diese Wahrnehmungsverzerrungen können zu Stress, Druck, Ärger oder Sorge führen. Sie sind ein natürlicher Teil deines Denkens, aber sie können negative Auswirkungen auf dein emotionales Wohlbefinden haben.

In diesem Blogbeitrag erkläre ich einige dieser Verzerrungen, gebe Beispiele aus dem Arbeitsumfeld und zeige, wie du sie erkennen und bewältigen kannst.

Was sind Wahrnehmungsverzerrungen?

Wahrnehmungsverzerrungen sind systematische Fehler im Denken, die deine Urteile und Entscheidungen beeinflussen. Diese Verzerrungen entstehen oft unbewusst und können auf verschiedenen kognitiven Prozessen beruhen, wie z.B. auf der Art und Weise, wie du Informationen verarbeitest, speicherst und abrufst.

Beispiele für Wahrnehmungsverzerrungen im Arbeitsumfeld

  1. Bestätigungsfehler (Confirmation Bias):
    Dieser Fehler beschreibt die Tendenz, Informationen so zu interpretieren, dass sie deine bestehenden Überzeugungen bestätigen.

    Beispiel: Du bist überzeugt, dass ein bestimmter Kollege immer unzuverlässig ist. Daher nimmst du besonders die Situationen wahr, in denen er Fehler macht, und übersiehst seine Erfolge.
  2. Verfügbarkeitsheuristik (Availability Heuristic):
    Hierbei bewertest du die Wahrscheinlichkeit von Ereignissen anhand der Leichtigkeit, mit der dir Beispiele einfallen.

    Beispiel: Nach einer gescheiterten Präsentation denkst du, dass du generell schlecht in Präsentationen bist, obwohl du viele erfolgreiche Präsentationen gehalten hast.
  3. Anker-Effekt (Anchoring Effect):
    Diese Verzerrung tritt auf, wenn du bei Entscheidungen zu stark auf die erste Information (den „Anker“) fixiert bist.

    Beispiel: Wenn dein Vorgesetzter zu Beginn des Jahres eine sehr hohe Zielvorgabe setzt, empfindest du später moderat hohe Ziele immer noch als zu hoch.
  4. Selbstwertdienliche Verzerrung (Self-Serving Bias):
    Dies ist die Neigung, Erfolge deinen eigenen Fähigkeiten und Misserfolge äußeren Umständen zuzuschreiben.

    Beispiel: Wenn ein Projekt erfolgreich ist, schreibst du dies deinem Einsatz zu. Wenn es scheitert, gibst du dem Team oder äußeren Faktoren die Schuld.

Mein Tipp: Überlege jetzt mal, zu welchen dieser weit verbreiteten Denkfehlern du am meisten neigst. Das ist ein erster Schritt, sie zu entlarven!

Wie führen Wahrnehmungsverzerrungen zu Stress und negativen Emotionen?

Wahrnehmungsverzerrungen können dein Denken und Handeln in eine destruktive, nicht lösungsorientierte oder gar negative Richtung lenken. Hier einige Wege, wie sie zu Stress, Druck, Ärger oder Sorge führen können:

  • Stress durch Bestätigungsfehler: Wenn du nur Informationen wahrnimmst, die deine negativen Überzeugungen bestätigen, kannst du dich in eine Spirale des Pessimismus begeben, was zu erhöhtem Stress führt. Dies ist vor allem zu beachten, wenn du einen neuen Kunden oder Kollegen hast und dein erster Eindruck von ihm nicht positiv ist.
  • Druck durch Verfügbarkeitsheuristik: Wenn du die Wahrscheinlichkeit von negativen Ereignissen überschätzt, wie z.B. das Scheitern eines Projekts, kann dies zu irrationalen Ängsten und erhöhtem Druck führen.
  • Ärger durch den Anker-Effekt: Wenn du dich zu stark auf einen anfänglichen Eindruck oder eine Information fixierst, kannst du dich ungerecht behandelt fühlen, wenn spätere Informationen nicht damit übereinstimmen bzw. du sie nicht berücksichtigst.
  • Sorge durch selbstwertdienliche Verzerrung: Wenn du Misserfolge auf äußere Umstände schiebst, anstatt aus ihnen zu lernen, kann dies zu ständigen Sorgen über unkontrollierbare Faktoren führen.

Praxistipps zum Erkennen und Überwinden von Wahrnehmungsverzerrungen

  1. Bewusstsein schaffen: Der erste Schritt ist, sich der Existenz von Wahrnehmungsverzerrungen bewusst zu werden. Erst wenn du weißt, dass diese Verzerrungen bei dir auftreten, kannst du besser mir ihnen umgehen.
  2. Reflexion und Selbstprüfung: Frage dich selbst regelmäßig, ob deine Urteile und Entscheidungen auf objektiven Fakten oder auf verzerrten Wahrnehmungen beruhen. Schreibe deine Gedanken auf und überprüfe sie kritisch. Es ist meiner Erfahrung nach auch sehr hilfreich, deine Wahrnehmung einer Situation oder eines Menschen mit anderen zu besprechen. Daher auch der nächste Punkt:
  3. Vielfältige Informationen einholen: Bemühe dich, Informationen aus verschiedenen Quellen zu sammeln und unterschiedliche Perspektiven zu berücksichtigen. Dies kann helfen, den Bestätigungsfehler zu minimieren.
  4. Entscheidungen hinauszögern: Gib dir Zeit, bevor du wichtige Entscheidungen triffst. Dies kann helfen, den Einfluss des Anker-Effekts zu reduzieren. Sei nicht spontan!
  5. Positives Denken fördern: Arbeite aktiv daran, eine positive Grundhaltung zu entwickeln. Dies kann helfen, die Auswirkungen negativer Verzerrungen zu mildern. Fokusfragen wie „Was ist das Gute an der Situation?“ erzeugen da neue Informationen bzw. zeigen dir vorhandene Informationen auf, die du aufgrund der Wahrnehmungsverzerrung nicht gesehen und berücksichtigt hast.
  6. Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen: Wenn Wahrnehmungsverzerrungen immer wieder zu ernsthaften emotionalen Problemen führen, kann es hilfreich sein, Unterstützung in Form von Reflexion von einem Coach zu suchen.

Indem du dir dieser Verzerrungen bewusst wirst und gezielt daran arbeitest, sie zu erkennen und zu überwinden, kannst du stressfreier und objektiver durchs Leben gehen.

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